MOSFET verstehen – Schalten & Regeln mit dem Feldeffekttransistor

MOSFET verstehen – Schalten & Regeln mit dem Feldeffekttransistor

MOSFET verstehen: Schalten & Regeln mit dem Feldeffekttransistor

MOSFETs (Metal–Oxide–Semiconductor Field-Effect Transistors) sind die Standard-Schaltelemente in modernen Elektronikprojekten – vom LED-Strip über Motorsteuerung bis hin zu DC-DC-Wandlern. Dieser Beitrag erklärt praxisnah, wie ein MOSFET funktioniert, welche Datenblatt-Kennzahlen wirklich wichtig sind und wie du ihn korrekt an Mikrocontrollern (Arduino, ESP32, Raspberry Pi Pico) betreibst.


Der MOSFET in 60 Sekunden

  • Spannungsgesteuert: Der Strom durch den Kanal wird über die Gate-Source-Spannung VGS gesteuert.
  • Kanäle: N-Kanal (meist Low-Side) und P-Kanal (oft High-Side bei kleineren Strömen).
  • Enhancement-Typ (Standard): Leitet erst bei positivem (N) bzw. negativem (P) VGS.
  • Body-Diode: Integrierte Diode zwischen Drain und Source – wichtig bei induktiven Lasten.
  • Vorteile: Sehr geringer Leitwiderstand RDS(on), hohe Schaltfrequenzen, wenig Gate-Leistung.

Symbol, Richtungen & Body-Diode

Beim N-Kanal-MOSFET fließt Laststrom typischerweise von Drain → Source (wenn eingeschaltet). Die Body-Diode leitet in Gegenrichtung – sie muss bei High-/Low-Side-Varianten und Brückenschaltungen bedacht werden (Freilaufpfad).

Die wichtigsten Datenblatt-Parameter

Parameter Was bedeutet es? Praxis-Hinweis
VDS(max) Maximal zulässige Drain-Source-Spannung Immer Sicherheitsreserve einplanen (≥ 1,5× der Betriebsspannung).
ID(cont) Dauerstrom (abhängig von Kühlung/Package) Thermik beachten: RθJA, Kühlfläche, Luftstrom.
RDS(on) Leitwiderstand im EIN-Zustand Achte auf den Messpunkt z. B. @ 4,5 V oder 2,5 V Gate – wichtig für 3,3-V-MCUs.
VGS(th) Schwellspannung (Beginn des Leitens) Nicht die Betriebs-Gatespannung! Für niedrigen RDS(on) wird meist 4–10 V benötigt (Logic-Level: 2,5–4,5 V).
Qg, Qgd Gate-Ladung (inkl. Miller-Plateau) Bestimmt Schaltgeschwindigkeit & Treiberbedarf bei PWM/hohen f.
Ciss, Coss, Crss Eingangs-/Ausgangs-/Rückwirkungskapazitäten Relevant für EMV, Schaltspitzen und Treiber.
SOA Safe Operating Area Unbedingt prüfen bei Linearbetrieb (Softstart, Lampen, Heizungen).
VGS(max) Max. Gatespannung Oft ±20 V – Überspannung mit Zener/TVS am Gate schützen.

Auswahl für Mikrocontroller

  • Logic-Level-MOSFET wählen, mit garantiert niedrigem RDS(on) bei 3,3 V (ESP32/Pico) bzw. 4,5 V (Arduino 5 V).
  • Trade-off: Sehr niedriger RDS(on) ⇒ meist höhere Gate-Ladung ⇒ stärkerer Treiber nötig für hohe PWM-Frequenzen.
  • Bei >2–3 A oder >30 kHz PWM: dedizierten Gate-Treiber nutzen, Gate-Widerstand (z. B. 22–100 Ω) und Pull-Down (100 kΩ) vorsehen.

Schutz, Layout & EMV

  • Freilaufdiode nahe an der Last bei Relais, Motoren, Spulen.
  • Gate-Netzwerk: Serien-Widerstand (Dämpfung), Pull-Down, optional Z-Diode gegen Überspannung.
  • Strompfade kurz & breit, sternförmige Masse, bei Leistung: Kelvin-Source für Messung/Treiber.
  • Snubber (RC/TVS) gegen Überschwinger, besonders bei langen Leitungen.

Typische Schaltungen

1) Low-Side-Schalter (N-Kanal)

Plus → Last → Drain des MOSFET, Source → GND. Gate an MCU-Pin über 47–100 Ω, Pull-Down 100 kΩ nach GND. Bei induktiver Last: Diode parallel zur Last (Anode an Drain-Seite/GND-näher).

2) High-Side mit P-Kanal (für kleine/mittlere Ströme)

P-MOSFET in die Plus-Leitung: Source an +V, Drain zur Last. Gate über NPN/N-MOSFET oder Treiber nach unten ziehen. Vorsicht: VGS nicht überschreiten!

3) Halbbrücke / Motor-PWM

Zwei N-MOSFETs (High-/Low-Side) mit Treiber-IC bilden eine Halbbrücke. Dead-Time und Gate-Ladung beachten.

Mini-Beispiel: Arduino steuert LED-Strip per PWM (Low-Side, N-MOSFET)

  • Versorgung: 12 V für Strip, GND mit Arduino-GND verbinden.
  • MOSFET: logic-level N-Kanal (z. B. IRLZ44N-Klasse), Gate-R 100 Ω, Pull-Down 100 kΩ, Diode bei induktiver Last.

const int PIN_GATE = 9;   // PWM-Pin D9

void setup() {
  pinMode(PIN_GATE, OUTPUT);
  analogWrite(PIN_GATE, 0); // MOSFET aus
}

void loop() {
  // Sanftes Hochdimmen
  for (int d=0; d<=255; ++d) {
    analogWrite(PIN_GATE, d);
    delay(5);
  }
  delay(500);
  // und wieder runter
  for (int d=255; d>=0; --d) {
    analogWrite(PIN_GATE, d);
    delay(5);
  }
  delay(500);
}
    

Mini-Beispiel: Verlustleistung schnell abschätzen (Python)

Die Leitverluste wachsen mit I² · RDS(on), Schaltverluste u. a. mit Gate-Ladung und Schaltzeit. Ein grober Rechner:


def losses_mosfet(I, Rds_on, V, tr, tf, f, Qg, Vgate):
    # I [A], Rds_on [Ohm], V [V], tr/tf [s], f [Hz], Qg [C], Vgate [V]
    P_cond = (I**2) * Rds_on
    P_sw = 0.5 * V * I * (tr + tf) * f
    P_gate = Qg * Vgate * f    # im Treiber verheizt
    return P_cond, P_sw, P_gate

Pc, Ps, Pg = losses_mosfet(3.0, 0.008, 12.0, 60e-9, 60e-9, 20000, 35e-9, 5.0)
print("P_cond=", Pc, "W,  P_sw=", Ps, "W,  P_gate=", Pg, "W")
    

MOSFET vs. BJT – kurz verglichen

Merkmal MOSFET BJT
Steuerung Spannung (Gate), kaum Dauerstrom Strom (Basis), fester Verstärkungsfaktor nötig
Leitverluste Niedrig bei kleinem RDS(on) Sättigungsspannung VCE(sat)
Schalten Sehr schnell, gut für PWM/DC-DC Gut, aber oft langsamer
Linearbetrieb Vorsicht (SOA) Oft robuster im linearen Bereich

Fehler, die man nur einmal macht

  1. VGS(th) missverstanden: Das ist nur die Schwelle; für geringen Widerstand Gate deutlich höher ansteuern.
  2. Falscher Typ: Kein Logic-Level-MOSFET bei 3,3 V → er wird warm oder schaltet nicht sauber.
  3. Keine Freilaufdiode bei Spulen/Motoren → Spannungsspitzen zerstören MOSFET/MCU.
  4. Kein gemeinsamer GND zwischen Lastnetzteil und MCU.
  5. SOA/Temperatur ignoriert → Ausfall unter Last, obwohl der Datenblatt-Dauerstrom hoch wirkt.

Checkliste: Passt der MOSFET?

  • VDS(max) ≥ 1,5× Betriebsspannung
  • Logic-Level mit RDS(on) @ 2,5–4,5 V passend zur MCU
  • RDS(on) so klein wie nötig, Gate-Ladung so klein wie möglich
  • SOA bei deiner Betriebsart geprüft
  • Gate-Netzwerk (R, Pull-Down, optional Zener) und Freilaufpfad vorhanden
  • Thermik & Layout (Kupferfläche, ggf. Kühlkörper) geplant

Fazit

Mit dem richtigen MOSFET, sauberem Gate-Drive und korrektem Schutz ist zuverlässiges Schalten und Regeln kinderleicht – von LED-Strips bis Motorsteuerung. Lies das Datenblatt selektiv (RDS(on) @ deiner Gatespannung, Qg, SOA) und plane Layout & Schutzbauteile mit ein – dann läuft’s stabil.

Tipp: Für Einsteiger-Projekte sind bewährte Logic-Level-Typen im TO-220 oder Power-SO-8-Package ideal; bei höheren Schaltfrequenzen helfen dedizierte Gate-Treiber-ICs.

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